Abgrund der Lust by Schone Robin

Abgrund der Lust by Schone Robin

Autor:Schone, Robin [Schone, Robin]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
ISBN: 9783548920887
Herausgeber: Ullstein Taschenbuch
veröffentlicht: 2013-06-30T02:01:50.509926+00:00


Victoria starrte an die Decke. Blutrote Flecken schoben sich vor die weiße Farbe. Sie schloss die Augen. Blutrote Flecken erschienen in der Dunkelheit hinter ihren Lidern. Begleitet von Gesprächsfetzen.

Sie werden den Mann nicht sehen, der eine Waffe auf Sie richtet … Vielleicht werden Sie den Lichtblitz sehen, wenn er abdrückt, vielleicht nicht. Eines steht fest – den Schuss hören Sie nicht: Dann sind Sie schon tot.

Victoria riss die Augen auf. Sie wollte nicht sterben. Gabriels Duft umwehte sie. Er kam aus seinen Laken, seinem Morgenmantel.

Ich will kein Opfer sein.

Das sind Sie schon.

Ein Bild von der Seidenserviette mit schwungvoller schwarzer Schrift blitzte vor ihren Augen auf.

… Ich bringe Ihnen eine Frau.

Eine Hauptdarstellerin für einen Mann, der Männer, Frauen, Liebe, Lust gemieden hatte.

Ich habe in Englisch lesen gelernt. Ich hoffe, eines Tages genauso fließend Französisch zu lesen.

Michael hatte Gabriel lesen gelehrt.

Les deux anges. Die beiden Engel.

Ich habe einen Mann geliebt, Mademoiselle. Hätte ich ihn nicht geliebt, wären Sie jetzt nicht hier.

War Michael ein Akteur in diesem ungeschriebenen Stück?

Zu lieben ist die Sünde, hatte Gabriel gesagt.

Er war durch die Liebe gekränkt worden, die er seinem Freund entgegengebracht hatte. Aber Lieben war keine Sünde.

Als ich zum Mann wurde, wollte ich die Leidenschaft einer Frau erleben. Ich wollte die Lust erleben, die ich bereitete. Nur ein einziges Mal.

Sie hatte Gabriels Körperwärme eingeatmet. Hatte seinen Atem geschmeckt.

Victoria wusste nicht, wie seine Haut sich anfühlte.

Sie wollte nicht sterben, ohne zu wissen, ob Gabriels Berührung es wert war, dafür zu sterben.

Angst war ein starkes Aphrodisiakum: Die Leere, die sie schuf, wollte gefüllt werden.

Durch Wissen.

Durch Handeln.

Durch Gabriel.

Laissez le jeu commencer.

Victoria schlug die Bettdecke zurück und glitt aus dem Bett. Eine Metalldose glänzte auf dem Nachttisch. Sie war mit Kondomen gefüllt. Flache Gummihäute, die über das steife Geschlecht eines Mannes gestreift wurden.

Die Verführung eines Engels …

Gabriels seidener Morgenmantel klebte an ihren Brüsten und ihren Pobacken. Er war bodenlang. Bei Gabriel reichte er sicher nur bis zu den Waden. Waren sie wie seine Brust mit dunklem Haar bedeckt, fragte sie sich, oder mit silberblondem Haar wie sein Kopf?

Kopf … Hüte.

Schnell ging Victoria in das … Arbeitszimmer, wie er es genannt hatte. Bibliothek würde jeder andere sagen.

Lächerliche Enttäuschung durchzuckte sie. Sie hatte doch von der pulsierenden Leere in ihrem Inneren gewusst, dass er nicht in seiner Suite war.

Victoria überflog die goldgeprägten Buchrücken – und sah keinen einzigen Titel oder Autor. Sie sah Blut. Sie sah Mary Thornton. Sie sah Gabriel.

Victoria fragte sich, was er wohl gerade machte – wartete er in der Nacht, brach er in das Stadthaus der Thorntons ein oder war er auf dem Heimweg. Victoria fragte sich, ob er erfahren würde, dass die Thorntons mit dem Mann, den er suchte, im Bunde standen, oder ob er erfahren würde, dass sie auf eigene Faust Frauenleben zerstörten.

Gabriel hatte gesagt, er fürchte keine Kugel. Er hatte auch gesagt, er wisse nicht, womit er rechnen müsse.

Victoria fragte sich, ob Gabriel noch lebte.

Victoria fragte sich, wie lange sie noch leben mochte.

Gabriel hatte sein früheres Haus Gabriel niedergebrannt. Warum? So viele Warums …

Energisch durchstreifte sie Gabriels Arbeitszimmer, entfernte sich von dem Ledersofa.



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